Weckruf aus der Wirtschaft
Eine Analyse von CEO Willi Plattes zur sich wandelnden Weltwirtschaft
Der Beitrag des CEO der PlattesGroup, Willi Plattes, trägt den Titel "Weltwirtschaft im Umbruch: Strategiefindung für den Mittelstand angesichts der globalen tektonischen Plattenverschiebungen". Er ruft die Unternehmer dazu auf, sich den signifikant verändernden globalen Umständen zu stellen und analysiert die Veränderungen in der politischen und wirtschaftlichen Weltordnung.
Die deutsche Wirtschaft ist in einer multiplen Krise und damit in einer kritischen Phasen, die darüber entscheidet, ob Deutschland mit seiner Volkswirtschaft noch absehbar zu den führenden Industrienationen gehören wird. Für den Sammelband "Zukunft Mittelstand: Zurück zu klaren Perspektiven" liefern Mitglieder und Experten des Mittelstandsverbands BVMW Ideen, Analysen und Gedanken, um der gegenwärtigen Lage zu begegnen. Willi Plattes schreibt zur ökonomischen Zeitwende aus internationaler Sicht.
Wenn es um die Rahmenbedingungen und Strategien für die Zukunftsfähigkeit des Mittelstandes geht, dann ist meist von Steuer- und Zivilgesetzen, von bürokratischen Auflagen oder den marktwirtschaftlichen Entwicklungen im Allgemeinen die Rede. Tritt man aber einen Schritt zurück, dann zeigen sich noch ganz grundsätzlichere Faktoren, die über die unternehmerischen Chancen entscheiden – die politische und wirtschaftliche Weltordnung. Ihre Veränderungen finden nur scheinbar weit weg von uns statt. Es sind Entwicklungen, die vielmehr ganz konkrete Auswirkungen für Unternehmer haben – nicht nur für globale Konzerne, sondern gerade auch für viele Mittelständler, die sich längst international aufgestellt haben.
Die Veränderungen in der politischen und wirtschaftlichen Weltordnung kann man ohne Frage als tektonische Plattenverschiebung beschreiben. Das ist zum einen eine enorme Herausforderung an die Regierungen. Zum anderen müssen sich aber auch die Unternehmer neu aufstellen.
So anschaulich wie sonst kaum jemand beschreibt diese Entwicklungen der frühere Wirtschafts- und Außenminister Sigmar Gabriel. Der Sozialdemokrat stellte mit seiner „Venedig-Rede“ einen Vergleich auf, der beachtenswert ist. Die italienische Stadt ist heute streng genommen ein Museum, sie hat einen fast schon morbiden Charme. Kaum ein Venezianer lebt noch in den alten Palästen. Die wirtschaftlichen Aktivitäten kreisen mehr oder weniger darum, Eis oder Souvenirs an Heerscharen von Besuchern zu verkaufen, um es überspitzt zu formulieren. Dabei war die Stadt früher einmal das mächtigste Handelszentrum Europas. Venedig war es vor 600 Jahren gelungen, die Wirtschaftsachsen durch das Mittelmeer zu kontrollieren, und vereinte auf diese Weise wirtschaftliche, politische und militärische Macht auf sich.
Venedig - Geblieben ist vom einstigen
Reichtum eine Urlauberkulisse
zwischen Lagunen.
Wie wir aus heutiger Perspektive nur zu gut wissen, sollten sich die Rahmenbedingungen grundlegend ändern. Die Portugiesen und Spanier suchten nach einem Seeweg nach Indien und stießen auf Amerika. Langfristig hatte das auch wirtschaftlich gravierende Folgen: Schritt für Schritt verlagerten sich die Handelsachsen vom Mittelmeer in den Atlantik, genauso wie die politischen und militärischen Machtachsen. Für Portugal, Spanien und später England begann der Aufstieg, für Venedig der Abstieg.
Der drohende Abstieg von der Handelsmacht zum Museum – das ist die zentrale Botschaft oder zumindest Warnung von Sigmar Gabriel: Europa als Ort, an dem wir uns immer noch im Zentrum der Welt glauben und dabei nicht merken, dass die Musik inzwischen längst woanders spielt. Vielleicht bekommen wir es durchaus allmählich mit, wissen aber nicht, wie wir darauf reagieren sollen. Um es mit den Worten von Sigmar Gabriel zu sagen: Merken wir heute eigentlich, dass sich nach 600 Jahren zum zweiten Mal die zentralen Wirtschafts- und Handelsachsen und mit ihnen die politischen und militärischen Machtachsen verlagern?
Damals verschoben sich die Achsen vom Mittelmehr in den Atlantik und waren über einen langen Zeitraum eine feste Größe – bis ins 20. Jahrhundert. Nach dem Kalten Krieg fiel die Berliner Mauer, und der demokratische Kapitalismus schien gesiegt zu haben, gerade so, als ob wir mit den Warenströmen auch die freiheitliche Ordnung exportierten. In den 90er Jahren war vom „Ende der Geschichte“ die Rede, einem Schlagwort, das der Politologe Francis Fukuyama prägte und das damals genauso plakativ wie treffend klang. Russland wurde vom Gegenspieler im Kalten Krieg zum wichtigen Rohstofflieferanten. Man konnte sich kaum eine schönere Win-win-Situation vorstellen.
Herausforderungen der globalen Sicherheit und wirtschaftlichen Abhängigkeit
Europa hatte unter dem Schutz des transatlantischen Bündnisses in der Vergangenheit gut leben können, ohne sich groß beteiligen zu müssen. Deutschland hatte andere Prioritäten als eigentlich dringend nötige Investitionen in die Bundeswehr. Aber bereits vor dem Krieg in der Ukraine haben die USA ihre Partner darauf gedrängt, die militärischen Kosten gerechter zu verteilen. Es gibt heute zu viele brennende Fragen, bei denen wir uns nicht wegducken können. Aktuell der Nahost-Konflikt, der gerade eskaliert ist und unser ganzes diplomatisches Geschick erfordert. Aber da ist auch die große Frage, wie wir ein neues nukleares Wettrüsten in der Welt verhindern können. Und nicht vergessen dürfen wir außerdem den Taiwan-Konflikt, der zwar nicht die Schlagzeilen beherrscht, aber weiterhin glimmt.
Wir können vom Ausbau einer neuen Seidenstraße sprechen, wobei der Begriff womöglich die falschen Assoziationen weckt. Es geht hier schließlich nicht um ein sentimentales Projekt mit alten Handelsrouten, sondern um strategische Überlegungen zu einem geopolitischen Wettbewerb in der Wirtschaft. Die Chinesen selbst haben ihr Projekt Belt and Road Initiative (BRI) genannt. Es entstehen neue Container-Terminals, es werden Straßen und Eisenbahnlinien ausgebaut, Logistikzentren oder Gaspipelines. Der Pazifik entwickelt sich zur Drehscheibe des Welthandels. Das Ergebnis werden intensivere wirtschaftliche Verflechtungen sein, zwischen China einerseits und dem asiatischen, afrikanischen und europäischen Raum andererseits. Innerhalb Europas wiederum zeichnet sich ab, dass sich die asiatisch-europäischen Transportwege verlagern, von Nordwesteuropa nach Südeuropa. Der Umstand, dass die Seidenstraße einst von Venedig in den fernen Orient führte, wirkt da schon fast wie ein Treppenwitz der Geschichte.
Autor: Willi Plattes
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