Informationen und Erläuterungen zum deutschen Erbrecht
Wohl nur wenigen Menschen fällt es leicht, sich mit der Frage zu befassen, was nach ihrem Tod mit ihrem gesamten, meist auch internationalen, Nachlass, geschehen soll. Aufgrund der leider häufig vorkommenden steuerlichen und rechtlichen Großschadensereignisse, geben wir einen Anstoß, sich rechtzeitig über diese Fragen Gedanken zu machen. Sie haben es in der Hand, selbst Ihre Vermögensnachfolge beizeiten zu regeln. Klare Regelungen können späteren Streit, Ärger und auch einen möglichen kompletten Vermögensverfall, vermeiden helfen. Bevor Sie eine Entscheidung über Ihre unternehmerische und private Vermögensnachfolge treffen, sollten Sie sich gründlich informieren.
Deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuer auch nach Wegzug
Während der Fokus bei einem Wegzug aus Deutschland meist richtigerweise auf der sogenannten Wegzugsteuer liegt, bleiben andere wichtige Aspekte leider häufig unberücksichtigt, so auch die Erbschaft- und Schenkungsteuer. Bei vermögenden Privatpersonen und Unternehmern kann ein ungeplanter Wegzug schnell zu erheblichen steuerlichen Risiken führen. Denn Deutschland verlässt man nicht so leicht, zumindest steuerlich gesehen. Viele glauben, dass mit dem Verlassen Deutschlands auch die deutsche Steuerpflicht automatisch endet. Tatsächlich aber hält das deutsche Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz einige Überraschungen bereit.
Achtung, erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht
Hat entweder der Erblasser oder Schenker oder aber der Erwerber zum Zeitpunkt der Schenkung oder des Erbfalls einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, greift die sogenannte unbeschränkte Steuerpflicht. Diese umfasst nicht nur das in Deutschland befindliche Vermögen, sondern sämtliche weltweiten Vermögenswerte. Daher könnte ein Erwerber, der weiterhin in Deutschland lebt, sogar Vermögen versteuern müssen, das der Erblasser bereits vor Jahrzehnten mit ins Ausland genommen hat.
Ein besonders kritischer Punkt ist die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht. Deutsche Staatsangehörige, die ins Ausland ziehen, sind noch fünf weitere Jahre von dieser Regel betroffen, sofern sie zuvor einen inländischen Wohnsitz hatten. Selbst ein kurzzeitig angemeldeter Zweitwohnsitz in Deutschland kann diese erweiterte Steuerpflicht erneut auslösen, sodass auch nach Jahrzehnten des Auslandsaufenthalts das weltweite Vermögen im Erb- und Schenkungsfall der deutschen Steuerpflicht unterliegt.
Auch wenn keiner der Beteiligten mehr in Deutschland lebt, kann dennoch deutsches Vermögen betroffen sein. Die sogenannte beschränkte Steuerpflicht gilt insbesondere für Immobilien und Beteiligungen an deutschen Unternehmen ab einer Beteiligungsquote von mindestens zehn Prozent. Dies führt oft zu einer Doppelbesteuerung, da neben der deutschen auch eine Steuerpflicht im Wohnsitzland entsteht.
Wer sich in einem Niedrigsteuerland niederlässt, ist sogar bis zu zehn Jahre lang in Deutschland erweitert beschränkt steuerpflichtig. Das betrifft vor allem beliebte Steuerdestinationen oder Länder mit fiskalischen Sonderregimes wie zum Beispiel:
Vereinigte Arabische Emirate (Dubai)
Monaco
Schweiz (bestimmte Kantone)
Portugal (NHR-Regime)
Spanien (Lex Beckham)
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diesbezüglich zuletzt klarere Regeln definiert: Besonders kritische Systeme wie die britische „remittance-base taxation“, Pauschalbesteuerungen in der Schweiz oder das NHR-Regime in Portugal können schnell zu einer unerwünschten Steuerpflicht in Deutschland führen. Ein BFH-Urteil vom 14. Januar 2025 (IX R 37/21) verdeutlicht, wie wichtig deswegen eine sorgfältige Planung ist.
Effektive doppelte Besteuerung von Geldanlagen
Die effektive doppelte Besteuerung von Geldanlagen ohne die Möglichkeit einer Anrechnung findet nur statt, wenn ein in Deutschland Erbschaftsteuerpflichtiger zum Beispiel ein Bankguthaben in Spanien erbt – nicht im umgekehrten Fall. Dieser Umstand ist auf den Unterschied hinsichtlich der Einstufung der Belegenheit von Bankkonten zurückzuführen: Für das deutsche Finanzamt sind Geldanlagen unabhängig von deren Standort stets deutsches Inlandsvermögen, daher ist die im Ausland bezahlte Steuer nicht anrechenbar.
Das spanische Finanzamt hingegen betrachtet im Ausland liegendes Geld als Auslandsvermögen und lediglich die auf spanischen Konten liegenden Beträge als Inlandsvermögen. Ein bis zum EU-Gerichtshof ausgefochtener Fall hat in ein Grundsatzurteil gemündet, das die Rechtmäßigkeit der in diesem Fall effektiven doppelten Besteuerung bestätigt (Rechtssache C-67/08, Block).
Die Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer
Derzeit existieren nur wenige Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer, etwa mit den USA, mit Frankreich oder der Schweiz. Ist kein DBA vorhanden oder erhebt der andere Staat keine mit Deutschland vergleichbare Steuer von mindestens 30 Prozent, bleibt das deutsche Besteuerungsrecht bestehen.
Die steuerliche Ansässigkeit kann von den Ländern unterschiedlich interpretiert werden. Während Deutschland häufig persönliche Bindungen (Familienwohnsitz) stärker gewichtet, legen viele andere Staaten den Schwerpunkt auf wirtschaftliche Faktoren. Gerade bei temporären Auslandsaufenthalten, beispielsweise im Studium oder bei Zweitwohnsitzen, können deshalb ungeahnte Steuerfallen entstehen. Insbesondere Studenten und Personen mit Ferienimmobilien in Deutschland sollten sich bewusst sein, dass bereits geringe Anknüpfungspunkte eine Steuerpflicht in Deutschland begründen könnten.
Jedoch enthalten die nationalen Steuergesetze beider Länder Regelungen, wonach im Ausland bezahlte Steuern grundsätzlich anrechenbar sind. Die Anrechnung ist in beiden Ländern auf die Höhe der Steuer beschränkt, die im jeweils anderen Land anteilig für das ausländische Vermögen angefallen wäre.
Sollte etwa in Spanien die Übertragung des Vermögens höher besteuert werden, besteht in Deutschland ein sogenannter Anrechnungsüberhang, und es erfolgt keine Rückerstattung. Dazu ein Rechenbeispiel aus den bundesdeutschen Erbschaftsteuer-Richtlinien, das im Speziellen die Einschränkung der Anrechnung demonstriert:
Der Erblasser E wird von seinem Sohn S allein beerbt. E hinterlässt Kapitalvermögen im Wert von 500.000 Euro, ein von ihm selbst genutztes Familienheim (Wohnfläche unter 200 Quadratmeter) mit einem Grundbesitzwert von 300.000 Euro, in das S unverzüglich einzieht, und ein Geschäftsgrundstück in Spanien mit einem gemeinen Wert von 150.000 Euro. Auf dem Grundstück in Spanien lasten Grundschulden mit einer Valuta von 50.000 Euro. S muss in Spanien 20.000 Euro Erbschaftsteuer bezahlen. Wie die Tabelle zeigt, sind davon lediglich 3.478 Euro anrechenbar.
Erbmasse in Deutschland und Spanien | ||
---|---|---|
Beschreibung | Land | Betrag |
Kapitalvermögen | DE | 500.000,00 € |
Familenheim | DE | 300.000,00 € |
Geschäftsgrundstück | ES | 150.000,00 € |
Grundschuld auf das Geschäftsgrundstück | ES | 50.000,00 € |
Berechnung der Erbschaftsteuer in Deutschland | ||
Inländisches Familienheim | 300.000,00 € | |
Grundstück in Spanien | 150.000,00 € | |
Nachlassverbindlichkeit (Grundschuld in Spanien) | ./. 50.000,00 € | |
Steuersatz in Deutschland | 11 % | |
Erbschaftsteuer in Deutschland | = 20.867,00 € | |
Berechnung des abzugsfähigen Anteils nach § 13 Absatz 1 Satz 2 ErbStG | ||
Grundstück in Spanien | 150.000,00 € | |
Berechnungsformel: | = 3.748,00 € | |
Festzusetzende Erbschaftsteuer (20.867 € - 3.478 €) | = 17.389,00 € | |
Quelle: PlattesGroup |
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Präventive statt palliative Beratung
Mit unserem Ansatz des „Probesterbens“ helfen wir schon zu Lebzeiten des Erblassers, familiäre Konflikte zu vermeiden. Wir unterstützen bei der lebzeitigen Strukturierung und Übertragung von Unternehmen und Privatvermögen. In Zusammenarbeit mit unseren Rechtsanwälten und Steuerberatern treffen wir Regelungen, die den Familienfrieden sichern, steuerliche Aspekte berücksichtigen und das Vermögen langfristig schützen. Besonders im Fokus steht bei uns die internationale Mobilität.
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