Regelungen in Spanien und auf den Balearen im Überblick
Nachfolgend erklären wir die wichtigsten Grundsätze der Erbfolge in Spanien. Aufgrund der enormen Komplexität des Themas beschränken wir uns dabei auf die allgemeinen Konzepte, weshalb eine Anwendung des Gesagten auf konkrete Einzelfälle in jedem Fall von einer fachkundigen Beratung begleitet werden muss. Juristen betrachten das Erbrecht als einen der kompliziertesten Bestandteile des spanischen Zivilrechts. Hinzu kommt, dass diese Rechtsordnung nicht einheitlich in ganz Spanien Anwendung findet: In manchen autonomen Regionen, wie zum Beispiel den Balearen, gibt es ein eigenes Erbrecht, weshalb jeweils zu klären ist, ob das spanische Zivilrecht oder regionale Bestimmungen („Foralrecht“) Anwendung finden.

In Spanien kann jede beliebige Person als Erbe eingesetzt werden – selbst ein „Nasciturus“ (ein gezeugtes, aber noch ungeborenes Kind), der dem bereits Geborenen gleichgestellt wird, sofern es ihm zum Vorteil gereicht. Ebenso können juristische Personen erben, beispielsweise eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Nach dem spanischen bürgerlichen Gesetzbuch (Código Civil, CC) ist auch die Einsetzung allgemein definierter Erben zulässig.
Erben ohne Testament: die gesetzliche Erbabfolge
Wenn kein Testament vorliegt, werden die nächsten Verwandten zu Erben bestimmt. Zur Festlegung des Verwandtschaftsgrades wird zwischen der geradlinigen Verwandtschaft (direkte Abstammung wie Eltern-Kinder) und der Seitenlinie (Geschwister, Onkel und Tanten, Neffen und Nichten) unterschieden.
Zu beachten: Ehegatten sind im Sinne des Erbrechtes nicht verwandt.
Das folgende Schaubild zeigt, wie die verwandtschaftlichen Beziehungen ermittelt werden. Beispiele für Verwandtschaftsgrade in gerader Linie:
Die Verwandtschaftsgruppen auf den Balearen
Für die Ermittlung der Höhe der Besteuerung ist die Verwandtschaftsgruppe ein maßgeblicher Faktor. Auf den Balearen sind diese Gruppen nach dem folgenden Schema unterteilt:
Verwandschaftsgruppen | |
---|---|
I | Abkömmlinge unter 21 Jahren (Kinder, Enkelkinder, ...) |
II | Direkte Verwandte der absteigenden Linie |
III (A)* | Blutsverwandte der Seitenlinie 2. und 3. Grades (Geschwister, Onkel, Tanten, Nichten, Neffen, ...) Eingeheiratete Verwandte der aufsteigenden und absteigenden Linie ohne Blutsverwandtschaft (Stiefsohn/-tochter, Stiefvater/-mutter, Schwiegersohn/-tochter, Schwiegereltern, ...) |
III (A)* | Eingeheiratete Verwandte der aufsteigenden und absteigenden Linie 2. und 3. Grades |
III (A)* | Verwandte der Seitenlinie 4. Grades |
*Die Unterteilung der Verwandtschaftsgruppe III in zwei Untergruppen ist eine Besonderheit des balearischen Erbschaftsteuerrechts. Mit der Gruppe III (A) wurde eine etwas begünstigtere Kategorie für nähere eingeheiratete Verwandte geschaffen. Ansonsten stimmt die Unterteilung mit der staatlichen überein.
Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage
Die Bemessungsgrundlage bezeichnet den Wert, auf den die geltende Steuer anfällt. Seit dem Jahr 2022 gilt in Spanien eine neue Regelung: Als Mindestwert für eine Immobilie ist ein sogenannter Referenzwert (valor de referencia) anzusetzen. Diesen Wert legt das Katasteramt für jede spanische Immobilie seit 2022 alljährlich neu fest. Wesentliche Faktoren für die Wertermittlung sind die für jede Zone eines Siedlungsgebiets erfassten Quadratmeterkosten, der Marktwert, das Umfeld, ihre Größe, baurechtliche Begebenheiten sowie sonstige Charakteristiken der betroffenen Immobilie. Befindet sich die Immobilie in einer Gesellschaft, so wird die Bilanz zu Zwecken der Erbschaftsteuer um den Verkehrswert der Immobilie korrigiert.
Das bedeutet konkret, dass die Befreiungen oder Nachlässe beim Erbe von Immobilien nur angewendet werden können, wenn der oben genannte Referenzwert – oder dieser maximal um 20 Prozent erhöht – als Bemessungsgrundlage angegeben werden. Sollte dieser nicht existieren, ist eine Bewertung beim Finanzamt anzufragen oder der Verkehrswert anzugeben. Befindet sich die Immobilie in einer Gesellschaft, so wird die Bilanz zu Zwecken der Erbschaftsteuer um den Verkehrswert der Immobilie korrigiert.
Die Freibeträge sind in Spanien im Vergleich sehr niedrig. Auf den Balearen liegt der Freibetrag für die Verwandtschaftsgruppe I
zwischen 25.000 und 50.000 Euro – je geringer das Alter, umso höher der Betrag. Für alle anderen Angehörigen der Gruppe II beläuft sich der Freibetrag auf 25.000 Euro. Für beide Untergruppen der Gruppe III sinkt er auf 8.000 Euro, für die Gruppe IV auf 1.000 Euro. Darüber hinausgehende Freibeträge sind nur für Sonderfälle vorgesehen, unter anderem für Erben mit Behinderungen, für Lebensversicherungen, für die Übertragung der Hauptwohnsitz-
immobilie sowie eines Betriebs, wofür jeweils bestimmte Voraussetzungen vorgesehen sind.
Der Hausrat wird generell mit drei Prozent auf den ermittelten Verkehrswert der Vermögensgegenstände aus der Erbmasse besteuert, die der Nutzung des Familienheims oder dem persönlichen Gebrauch des Verstorbenen dienten. Ausgenommen vom Hausrat werden vor allem Bankkonten, Fonds und Aktien. Bei der Übertragung von Nießbrauch wird der Wert des Hausrates der gesamten Immobilie hinzugerechnet. Im Fall von bloßem Eigentum sowie im Fall des Erbes eines Vermächtnisses wird generell kein Hausrat hinzugerechnet.
Die Besteuerung von Nichtresidenten
Bei Nichtresidenten beschränkt sich die spanische Erbschaftsteuer auf alle in Spanien befindlichen Güter und ausübbaren Rechte. Zu beachten ist diesbezüglich der Unterschied zur Vermögensteuer, die gemäß Doppelbesteuerungsabkommen für deutsche Steuerbürger nur auf spanische Immobilien anfällt, nicht jedoch auf anderes spanisches Vermögen. Beispielsweise wird auch eine Forderung gegenüber einer spanischen Person oder Körperschaft wie etwa ein Gesellschafterdarlehen als in Spanien befindliches oder ausübbares Recht angesehen und unterliegt somit der spanischen Erbschaft-
steuer. Maßgeblich ist der Standort der Güter und Rechte.
Bei mobilen Gütern wie zum Beispiel einer Yacht ist ausschlaggebend, wo diese gemeldet sind oder wo sie sich seit längerem befinden. Sollte die Yacht in Deutschland gemeldet sein, aber hauptsächlich in spanischen Gewässern unterwegs sein, würde das Schiff ebenfalls als „spanisches Vermögen“ eingestuft werden.
Bis einschließlich 2014 waren für Nichtresidenten in Spanien die staatlichen Steuertabellen maßgeblich. Aufgrund eines Urteils der Richter des Europäischen Gerichtshofs vom 2. September 2014 trat in Spanien im Jahr 2015 eine Gesetzesreform in Kraft, der zufolge Nichtresidenten wahlweise auch die erbschaftsteuerlichen Regelungen jener Region in Anspruch nehmen können, in der sich der Großteil der geerbten Güter und Rechte befindet.
Speziell für das Erben von Immobilieneigentum auf den Balearen ergab sich somit die Möglichkeit, insbesondere die im Vergleich mit der staatlichen Regelung für die Angehörigen der Verwandtschaftsgruppen I und II wesentlich günstigeren Steuersätze zu nutzen sowie aktuell
die inzwischen anwendbare hundertprozentige Freistellung.
Galt diese Verbesserung zunächst lediglich für EU-Bürger, erlaubte ein Grundsatzurteil des Spanischen Höchstgerichts vom 19. Februar 2018 die Nutzung der Neuregelung auch Ansässigen von Nicht-EU-Staaten wie zum Beispiel Schweizern. Das bedeutet, dass nunmehr alle Nichtresidenten wahlweise das Erbschaftsteuergesetz „ihrer“ Region anwenden dürfen. Dies wiederum bedingt, dass in jedem Fall ein Vergleich zwischen der staatlichen und der regionalen Regelung stattfinden muss, um die ideale Vorgangsweise zu ermitteln.
Die Steuertabellen im Detail
Ist die Bemessungsgrundlage ermittelt, wird nach Maßgabe der Verwandtschaftsgruppe der entsprechende Steuersatz angewendet. Anders als die staatliche Regelung sieht das balearische Erbschaftsteuergesetz eine eigene Tabelle mit wesentlich günstigeren Steuersätzen für die Verwandtschaftsgruppen I und II vor (sofern keine Befreiung möglich oder gewünscht), während die Tabelle für die anderen Gruppen sehr ähnlich ausfällt. Mithilfe der Tabelle der Steuersätze wird zunächst ein vorläufiger Steuerbetrag ermittelt. Dieser erhöht sich anschließend aufgrund der Multiplikationskoeffizienten je nach Verwandtschaft und Vorvermögen.
Balearische Erbschaftsteuertabellen
Seit dem Jahr 2016 gilt auf den Balearen für die Verwandtschaftsgruppen I und II die folgende Steuertabelle, die aktuell nur anwendbar ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht erfüllt werden. Anders als in den Jahren davor wird der ermittelte Steuerbetrag inzwischen auch hier gemäß Verwandtschaftsgruppe und Vorvermögen erhöht, das heißt, der entsprechende Multiplikationskoeffizient ist anzuwenden.
Bemessungsgrundlage | Steuerbetrag | Steuersatz | |
---|---|---|---|
Bis | 700.000,00 € | 7.000,00 € | 1,00 % |
Bis | 1.000.000,00 € | 31.000,00 € | 8,00 % |
Bis | 2.000.000,00 € | 141.000,00 € | 11,00 % |
Bis | 3.000.000,00 € | 291.000,00 € | 15,00 % |
Über | 3.000.000,00 € | - | 20,00% |
Für die Verwandtschaftsgruppen III und IV wird die folgende Tabelle angewendet. Sie ist nahezu identisch zur staatlichen Tabelle. Die balearische Regierung nutzte ihre Kompetenz in dem Bereich lediglich dazu, die Beträge aufzurunden.
Bemessungsgrundlage | Steuerbetrag | Steuersatz | |
---|---|---|---|
Bis | 8.000,00 € | 612,0 € | 7,65 % |
Bis | 16.000,00 € | 1.292,00 € | 8,50 % |
Bis | 24.000,00 € | 2.040,00 € | 9,35 % |
Bis | 32.000,00 € | 2.856,00 € | 10,20 % |
Bis | 40.000,00 € | 3.740,00 € | 11,05 % |
Bis | 48.000,00 € | 4.692,00 € | 11,90 % |
Bis | 56.000,00 € | 5.712,00 € | 12,75 % |
Bis | 64.000,00 € | 6.800,00 € | 13,60 % |
Bis | 72.000,00 € | 7.956,00 € | 14,45 % |
Bis | 80.000,00 € | 9.180,00 € | 15,30 % |
Bis | 120.000,00 € | 15.640,00 € | 16,15 % |
Bis | 160.000,00 € | 23.120,00 € | 18,70 % |
Bis | 240.000,00 € | 40.120,00 € | 21,25 % |
Bis | 400.000,00 € | 80.920,00 € | 25,50 % |
Bis | 800.000,00 € | 199.920,00 € | 29,75 % |
Über | 800.000,00 € | - | 34,00 % |
Auf der folgenden Seite zeigen wir die Tabelle der Multiplikationskoeffizienten, wie sie in der Region der Balearen angewendet werden. Dabei ist zu beachten: Die in der Tabelle aufgeführten Koeffizienten fallen für die Verwandtschaftsgruppen III und IV etwas vorteilhafter aus als in der staatlichen Tabelle für die spanische Erbschaftsteuer, weshalb sich auch für diese Erben durch die Anwendung der balearischen Regelung eine geringere Steuerbelastung ergibt. Der Unterschied zwischen den beiden Regelungen fällt in diesem Fall allerdings weit geringer aus als bei den Gruppen I und II.
Multiplikationskoeffizienten | |||||
---|---|---|---|---|---|
Vermögen / Steuerklasse | I+II | III* | III* | IV | |
Bis | 400.000,00 € | 1,0000 | 1,2706 | 1,6575 | 1,7000 |
Bis | 2.000.000,00 € | 1,0500 | 1,3341 | 1,700 | 1,7850 |
Bis | 4.000.000,00 € | 1,1000 | 1,3977 | 1,7850 | 1,8700 |
Über | 4.000.000,00 € | 1,2000 | 1,5247 | 1,9550 | 2,0400 |
*Blutsverwandte der Seitenlinie 2. und 3. Grades
**Eingeheiratete Verwandte der aufsteigenden und absteigenden Linie
Vergleichendes Rechenbeispiel für die staatliche und balearische Regelung
Dieses Rechenbeispiel basiert auf der folgenden simplifizierten Annahme: Der Erblasser ist spanischer Resident und hinterlässt eine Immobilie im Verkehrswert von 750.000 Euro an sein Kind, das ebenfalls spanischer Resident und über 21 Jahre alt ist. Somit gehört es der Verwandtschaftsgruppe II an. Der Erbe hat in diesem Rechenbeispiel ein Vorvermögen von 500.000 Euro. Weil abzusehen Ist, dass die Immobilie kurzfristig verkauft werden soll, verzichtet der Erbe im Interesse eines gesamthaften Steuervorteils auf die Befreiung.
Beispielrechnung | |||
---|---|---|---|
Werte | Staat | Balearen | |
Verkehrswert Immobilie | 750.000,00 € | 750.000,00 € | |
Hausrat (3%) | 22.50,00 € | 22.50,00 € | |
Freibetrag | 15.956,87 € | 25.000,00 € | |
Bemessungsgrundlage | 756.543,13 € | 747.500,00 € | |
Vorl. Steuerbetrag | 187.090,34 € | 10.800,00 € | |
Multiplikationskoeffizient | 1,0500 | 1,0500 | |
Fälliger Steuerbetrag | 196.444,86 € | 11.340,00 € | |
Das erläuterte Beispiel zeigt, dass die regionale Regelung eklatant vorteilhafter ist. Der Vergleich zwischen beiden Regelungen kann bei anderen Verwandtschaftsgruppen weit weniger eindeutig ausfallen und sollte sicherheitshalber immer dann im Detail angestellt werden, wenn aufgrund der Erfahrung und Kenntnisse des Sachbearbeiters nicht von vorneherein und zweifelsfrei die regionale Regelung als die günstigere erkannt wird.
Ermittlung des Vorvermögens
Das Vorvermögen ist ein wichtiger Faktor für die Ermittlung des Steuerbetrags. Es wird nach den Bestimmungen der Vermögensteuer
festgestellt. Dies kann unter anderem bei Immobilien erhebliche Auswirkungen haben, da der Vermögensteuerwert einer Immobilie erheblich unter dem aktuellen Verkehrswert liegen kann.
An dieser Stelle sei angemerkt, dass die steuerliche Bewertung von Immobilien ein verwirrendes Thema sein kann, da praktisch für jede Steuerart ein eigenes Bewertungsverfahren vorgesehen ist. In diesem Zusammenhang sei auch auf die speziellen Bewertungsmethoden für Beteiligungen an nicht börsengehandelten Gesellschaften hingewiesen. Nicht in das Vorvermögen eingerechnet werden Vermögenswerte, die der Erbe vom Erblasser zu dessen Lebzeiten auf dem Weg einer Schenkung erhalten hat, sofern dafür Schenkungsteuer bezahlt wurde. Bei Nichtresidenten wird lediglich das in Spanien belegene Vorvermögen berücksichtigt, nicht das Weltvermögen.
Willi
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