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Außensteuergesetz und Funktionsverlagerung

Auch hier ist keine Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht vorhanden

Durch die fortschreitende Digitalisierung und Globalisierung sind grenzüberschreitende Geschäftsvorgänge heute für mittelständische Unternehmen alltäglich geworden. Diese Entwicklung zwingt Unternehmen sowie deren Gesellschafter und Geschäftsführer immer häufiger zu grenzüberschreitenden Gestaltungs- und Strukturierungsmaßnahmen. 

Im Sinne des Außensteuerrechts ist eine “Funktion”  eine betriebliche Tätigkeit oder Einheit, die aus gleichartigen Aufgaben besteht und von bestimmten Unternehmensbereichen ausgeführt wird. Diese Funktionen müssen nicht unbedingt als Teilbetriebe im steuerlichen Sinne gelten. Beispiele für Funktionen sind Telefonzentralen, Forschungs- oder Entwicklungsabteilungen, und Marketingabteilungen. Eine “Funktionsverlagerung” liegt vor, wenn eine betriebliche Funktion aus Deutschland ins Ausland verlagert wird. Dies führt zu einer “Steuerentstrickung”, weil die Einkünfte, die zuvor in Deutschland steuerpflichtig waren, nun im Ausland anfallen. 

Steuerentstrickung bezeichnet die Besteuerung potenzieller Unternehmensgewinne ohne Marktumsatz, wenn diese der deutschen Besteuerung entzogen werden.

Steuerliche Aspekte der Funktionsverlagerung:

1. Gewinnpotential: Die Verlagerung einer Funktion ins Ausland wird behandelt, als ob die Funktion aufgegeben würde. Dies bedeutet, dass das Gewinnpotential der Funktion nicht mehr in Deutschland besteuert werden kann, was eine Steuerentstrickung darstellt.

2. Firmenwert: Der Wert einer verlagerten Funktion beeinflusst den Unternehmenswert und damit den Veräußerungsgewinn bei einem möglichen Verkauf des Unternehmens. Auch hier kann eine Steuerentstrickung eintreten, wenn die Funktion ins Ausland verlagert wird..

Keine Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht

Bei einer grenzüberschreitenden Funktionsverlagerung ins Ausland wird – im Gegensatz zu einem rein nationalen Sachverhalt oder einer Funktionsverlagerung innerhalb des Landes – auch das Gewinnpotenzial besteuert. Die gesetzlichen Regelungen zur Bewertung des Transferpakets gehen dabei über den international anerkannten Fremdvergleichsgrundsatz hinaus. Dies könnte Unternehmen davon abhalten, im Inland ausgeübte Funktionen auf nahestehende ausländische Unternehmen zu übertragen, wodurch die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht infrage gestellt wird. Insbesondere könnte eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 54 AEUV vorliegen, für die keine Rechtfertigungsgründe ersichtlich sind. Es ergeben sich Parallelen zur Gewinnrealisierung im Rahmen der Wegzugsbesteuerung, bei der der EuGH die Unionsrechtswidrigkeit festgestellt hat. Der EuGH führte aus, dass die Niederlassungsfreiheit eine wegzugsbedingte Besteuerung verbietet, da der Steuerpflichtige dadurch abgeschreckt werden kann, in einen anderen Mitgliedstaat zu verziehen.

Funktionsverlagerung - Stellungnahme des BFH (9.8.2023 – I R 54/19)

Seit 2008 regelt das deutsche Außensteuergesetz (AStG) die Funktionsverlagerung als Spezialfall der Verrechnungspreis-Korrektur zwischen international verbundenen Unternehmen. Gemäß § 1 Abs. 3b AStG ist der angemessene Verrechnungspreis für die Funktion als Ganzes zu bestimmen. Dieses Transferpaket umfasst nicht nur die Summe aller Einzelwirtschaftsgüter, sondern auch sonstige Vorteile wie Synergien oder einen positiven Geschäftswert. Seit Einführung ist die Vorschrift umstritten und führt regelmäßig zu Streit in der Betriebsprüfungspraxis. Nun liegt die erste höchstrichterliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vor, die sich mit den Tatbestandsmerkmalen einer Funktionsverlagerung beschäftigt.

Verlagerung unwirtschaftlicher Produktion ins Ausland

Im vorliegenden Fall verlagerte eine deutsche GmbH, die für den Automobilsektor tätig war, einen Teil ihrer Produktion nach Bosnien-Herzegowina, um den hohen Kosten für Arbeit und Energie in Deutschland zu entgehen. Die GmbH gründete 2007 eine weitere Kapitalgesellschaft in Bosnien-Herzegowina, an die sie die arbeitsintensive Produktion auslagerte. Die GmbH lieferte das benötigte Material und kaufte die fertigen Produkte zurück. Ab 2013 belieferte die bosnische Gesellschaft eigene Kunden.

BFH nimmt zu grundlegenden Fragen Stellung

Das Finanzamt nahm Verrechnungspreis-Korrekturen in Form von verdeckten Gewinnausschüttungen vor, woraufhin die GmbH Klage beim Finanzgericht München einreichte. Der Bundesfinanzhof hob das Urteil auf und verwies die Sache zurück an das Finanzgericht.

Wichtige Erkenntnisse aus der Entscheidung des BFH:

  1. Subsidiarität des § 1 AStG: Der BFH bestätigte, dass § 1 AStG gegenüber anderen Einkünftekorrekturvorschriften (z.B. verdeckte Gewinnausschüttung) nur subsidiär anwendbar ist.

  2. Gesamtbetrachtung bei Auftragsproduktion: Die Materialkosten müssen nicht in die Bemessungsgrundlage bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode einbezogen werden.

  3. Weniger kleinteilige Auslegung des Begriffs der Funktion: Der BFH sieht die Produktion für einen Kunden nur dann als relevante Funktion an, wenn diese als eigenständige Produktion und organischer Teil des Unternehmens angesehen werden kann.

  4. Berücksichtigung von Standortvorteilen: Standortvorteile müssen anhand der jeweiligen Funktionen, Risiken, eingesetzten Wirtschaftsgüter und verfügbaren Handlungsalternativen aufgeteilt werden.

Fazit

Die Stellungnahme des BFH zu den streitanfälligen Fragen der Funktionsverlagerung ist zu begrüßen. Besonders erfreulich ist, dass der BFH das Tatbestandsmerkmal „organischer Teil“ im Sinne einer Eigenständigkeit interpretiert. Weitere Entscheidungen des BFH zu diesem Themenkomplex dürften folgen. Exklusive Rechtsberatung wird hierbei empfohlen, um über die Entwicklungen informiert zu bleiben. Wir halten Sie informiert.

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