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Betriebsstätte - Anknüpfungspunkt für die Steuerpflicht

Neuer Anwendungserlass und Hinweise zu Verrechnungspreisen

Aufgrund ihrer Funktion als Anknüpfungspunkt für die Begründung einer Steuerpflicht ist das Vorliegen einer Betriebsstätte zunehmend ein Grund für Steuerstreitigkeiten mit in- und ausländischen Finanzbehörden. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 5. Februar 2024 eine Neufassung veröffentlicht und sein Verständnis des Begriffs „Betriebsstätte“ ausführlicher dargelegt. Zudem wird die Auffassung zum Ort der Geschäftsleitung nun präzisiert (siehe unten).

Hintergrund

Das Vorhandensein einer Betriebsstätte setzt eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat.

Hat ein deutsches Unternehmen eine Betriebsstätte im Ausland, darf der ausländische Betriebsstättenstaat die nach Fremdvergleichsgrundsätzen abgegrenzten Gewinne der Betriebsstätte besteuern, während der deutsche Ansässigkeitsstaat diese Gewinne regelmäßig freizustellen hat. Entsprechendes gilt für ausländische Unternehmen mit Betriebsstätten in Deutschland.

Die Definition der Betriebsstätte wird nun in der Änderung des Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 12 Abgabenordnung (AO) konkretisiert. Hierbei werden zahlreiche (auch jüngere) Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) berücksichtigt. Das BMF erfordert das Bestehen einer Betriebsstätte, dass in bestimmten Räumlichkeiten eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird, welche eine gewisse „Verwurzelung“ des Unternehmens mit dem Ort der Tätigkeit ausdrückt. Das BMF lässt jedoch offen, welche konkreten Umstände zu einer solchen „Verwurzelung“ führen können. Grundsätzlich ist es erforderlich, dass das Unternehmen eine Rechtsposition innehat, die diesem nicht ohne Weiteres entzogen oder verändert werden kann. Eine tatsächliche Mitbenutzung, die bloße Berechtigung der Nutzung im Interesse eines anderen oder die rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit sind nicht ausreichend. Allerdings kann eine „allgemeine rechtliche Absicherung“ oder eine ständige Nutzungsbefugnis tatsächlicher Art ausreichen, wenn die Verfügungsmacht nicht bestritten wird.

Eigene Betriebsstätte in den Räumlichkeiten eines Dritten

Nach Ansicht des BMF kann ein Unternehmen auch in den Räumlichkeiten eines Dritten (z. B. Kunde, Geschäftsleiter, Subunternehmer) eine Betriebsstätte begründen, vorausgesetzt, das Unternehmen ist rechtlich befugt, diese Räumlichkeiten nach den Bedürfnissen seines Unternehmens zu nutzen und eigene Arbeitnehmer dort tätig werden. Dies gilt auch für „fremde“ Arbeitnehmer, die dem Unternehmen überlassen wurden und dessen Weisungen unterliegen, beispielsweise in bestimmten Entsendungsfällen.

Eine hinreichende Nutzungsbefugnis liegt bereits dann vor, wenn das Unternehmen irgendeinen geeigneten Raum des Gebäudes oder eine wechselnde Teilfläche eines Grundstücks ständig nutzen darf. Eine Befugnis des Grundeigentümers, dem Unternehmen einen anderen Raum oder eine andere Teilfläche zuzuweisen, steht der Annahme einer Betriebsstätte nach Ansicht des BMF nicht entgegen. Dies kann in der Praxis auch bei Co-Working-Spaces relevant sein.

„Unechte“ Dienstleistungsbetriebsstätte eines Auftraggebers

Das BMF führt zu Dienstleistungs- oder Managementgesellschaften aus, dass die Übertragung der Aufgaben eines Unternehmens auf einen selbstständig tätigen Dritten allein nicht ausreicht, um eine Betriebsstätte des Auftraggebers in den Räumlichkeiten des Auftragnehmers zu begründen.

Eine Betriebsstätte des Auftraggebers in den Räumen des Auftragnehmers besteht jedoch dann, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer vor Ort in dessen Räumen nachhaltig überwacht, insbesondere in Fällen einer Personenidentität der Leitungsorgane von Auftraggeber und Auftragnehmer. Eine Verfügungsmacht über die Räumlichkeiten des Auftragnehmers ist nicht erforderlich, wenn der Auftraggeber aufgrund eines „sachlichen und personellen Organismus“ in der Lage ist, seiner unternehmerischen Tätigkeit in den Räumen des Auftragnehmers „operativ“ nachzugehen.

(Keine) Betriebsstätte im Homeoffice

Die Tätigkeit eines Arbeitnehmers in dessen häuslichen Räumlichkeiten (Homeoffice) begründet in der Regel keine Betriebsstätte des Arbeitgebers, auch nicht in den folgenden Konstellationen:

  • Übernahme der Kosten für das Homeoffice und dessen Ausstattung durch den Arbeitgeber

  • Abschluss eines Mietvertrages über häusliche Räume des Arbeitnehmers zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, außer der Arbeitgeber ist tatsächlich befugt, die Räume anderweitig zu nutzen

  • Fälle, in denen dem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird und das Unternehmen daher faktisch verlangt, das Homeoffice zu nutzen

Das BMF begründet dies damit, dass der Arbeitgeber typischerweise nicht über eine ausreichende Verfügungsmacht über die häuslichen Räumlichkeiten des Arbeitnehmers verfügt. Diese restriktive Auffassung teilt auch die herrschende Meinung in der Literatur, obwohl sie teilweise vom Verständnis ausländischer Staaten abweichen kann. Etwas anderes kann gelten, wenn ein Arbeitnehmer Leitungsfunktionen im Homeoffice ausübt.

Geschäftsleitungsstätte

Das BMF vertritt die Auffassung, dass jedes Unternehmen zumindest eine Betriebsstätte am Ort der Geschäftsleitung hat, auch bei Gewerbetreibenden, die ihr Gewerbe an wechselnden Orten ausüben, ohne dort weitere Betriebsstätten zu begründen, wie z. B. Berufssportler. Auch die Wohnung des Gewerbetreibenden bzw. Geschäftsleiters kann als Geschäftsleitungsbetriebsstätte angesehen werden, falls dort die geschäftliche Planung vorgenommen wird und keine andere feste Geschäftseinrichtung vorhanden ist.

Als steuerlichen Anknüpfungspunkt bleiben Betriebsstätten eine große Herausforderung für international tätige Unternehmen. Die Anpassungen durch das BMF sind kompakt dargelegt, wodurch mehr Rechtssicherheit ausgestrahlt wird. Die geschilderten Grundlagen werden auch von der spanischen Finanzverwaltung anerkannt.

Ort der Geschäftsleitung

Die zunehmende Mobilität natürlicher Personen kann weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen haben. Der Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) ist ein wesentliches Kriterium für die unbeschränkte Körperschaft- und Gewerbesteuer. Besonders ausländische Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland sollten darauf achten, den Ort der Geschäftsleitung nicht unabsichtlich nach Deutschland zu verlagern, um der deutschen Besteuerung zu entgehen. Auch inländische Kapitalgesellschaften müssen diesen Aspekt beachten. Bei doppelter unbeschränkter Steuerpflicht gilt gemäß Art. 4 Abs. 1 und 3 OECD-MA der Staat als alleiniger Ansässigkeitsstaat, in dem sich der tatsächliche Ort der Geschäftsleitung befindet. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) vom 20.02.2024 erstmals seine Auffassung zu § 10 AO dargestellt.

§ 10 AO definiert die Geschäftsleitung als den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Darunter versteht man die Ausübung von Leitungsfunktionen, wobei der Ort maßgeblich ist, an dem der entscheidende Wille gebildet wird. Für die laufende Geschäftsführung notwendige Entscheidungen und Maßnahmen, die wichtig für das Unternehmen sind, fallen unter die Geschäftsleitung. Entscheidend ist der tatsächliche Ort dieser Tätigkeiten, also der Ort der gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft. Die Festlegung der Unternehmenspolitik und außergewöhnliche Maßnahmen der Gesellschafter zählen nicht dazu.

Leitungsfunktionen werden üblicherweise in geeigneten Räumen ausgeübt. Eine feste Geschäftseinrichtung ist jedoch nicht zwingend erforderlich, weshalb der Ort der Geschäftsleitung auch in der Wohnung des Geschäftsführers oder in den Räumlichkeiten einer Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft liegen kann.

Das BMF betont, dass Geschäftsleitungsentscheidungen auf Reisen aufgrund des Fehlens einer dauerhaften ortsbezogenen Einrichtung grundsätzlich keinen Ort der Geschäftsleitung begründen. Regelmäßigkeit ist hier ein entscheidendes Kriterium.

Wenn Geschäftsführungstätigkeiten von mehreren Orten ausgeführt werden, befindet sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung dort, wo die bedeutendsten Entscheidungen getroffen werden. Die Gewichtung dieser Entscheidungen bleibt allerdings unklar. Die kaufmännische Leitung soll Vorrang vor der technischen Leitung haben.

Existieren mehrere gleichwertige Geschäftsleitungsorte, könnten mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten vorliegen. Die Dezentralisierung von Geschäftsleitungsfunktionen und der Einsatz digitaler Kommunikationsmittel könnten dies verstärken und die Bestimmung des Hauptgeschäftsleitungsortes komplexer gestalten.

Der AEAO dokumentiert erstmals das Verständnis des BMF zu § 10 AO, das sich an vielen Stellen an der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) orientiert. Steuerpflichtige Kapitalgesellschaften sollten vermeiden, dass Sitz und Ort der Geschäftsleitung ungewollt auseinanderfallen.

Das BMF betont, dass die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls, wie Art, Umfang, Struktur und Eigenart des Unternehmens, individuell berücksichtigt werden müssen, was im Einklang mit der Rechtsprechung steht.

Interne Verrechnungspreise in multinationalen Konzernen: Ein Überblick

Multinationale Unternehmen müssen bei der Verrechnung von internen Dienstleistungen und Lieferungen strikte Regeln befolgen. Diese Verrechnungspreise sind in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus internationaler Finanzbehörden geraten, da der Verdacht besteht, Unternehmen könnten Gewinne bewusst in Länder mit niedrigerer Besteuerung verlagern. Strenge und international abgestimmte Regularien verlangen heute eine umfassende Dokumentation grenzüberschreitender Aktivitäten.

Historisch betrachtet, war die Verrechnung innerhalb von Unternehmen weniger komplex. Mit der Globalisierung und zunehmenden Internationalisierung der Produktionsketten bewegen Konzerne heute enorme Werte innerhalb ihrer eigenen Strukturen. Diese internen Verrechnungspreise sind nicht nur für die Bilanzierung relevant, sondern dienen auch der Steuerung und Kontrolle der verschiedenen Unternehmenseinheiten. Sie motivieren die einzelnen Gesellschaften, wirtschaftlich zu arbeiten und verhindern, dass Kosten auf den Gesamtkonzern abgewälzt werden.

Die Ermittlung der richtigen Verrechnungspreise ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die von vielen Faktoren abhängt. Es gibt mehrere Methoden, darunter der äußere und der innere Preisvergleich. Diese Methoden basieren auf Marktpreisen, die entweder zwischen unabhängigen Unternehmen oder innerhalb des eigenen Konzerns erzielt werden. Die Schwierigkeit besteht oft darin, verlässliche Vergleichsdaten zu finden, um die geforderten Preise zu rechtfertigen.

Um Diskussionen mit den Finanzbehörden zu vermeiden, müssen Unternehmen detailliert dokumentieren, wie ihre Verrechnungspreise zustande gekommen sind. Die Dokumentation ist für international tätige Unternehmen unerlässlich, insbesondere wenn sie Leistungen an ausländische Tochtergesellschaften erbringen. Versäumt ein Unternehmen, die erforderlichen Unterlagen rechtzeitig vorzulegen, drohen hohe Strafen und Nachzahlungen.

Ein bedeutendes internationales Projekt zur Regulierung von Verrechnungspreisen ist die BEPS-Initiative (Base Erosion and Profit Shifting) der OECD und G20. Diese soll verhindern, dass Unternehmen ihre Steuerbasis aushöhlen und Gewinne verschieben. Die daraus resultierenden Regelungen haben die Anforderungen an die Dokumentation und Compliance weiter verschärft. Internationale Unternehmen sind nun verpflichtet, umfassende Berichte wie das Master File und den Country-by-Country Report zu erstellen.

Fazit

Verrechnungspreise bleiben ein zentrales Thema für international tätige Unternehmen. Die Einhaltung der komplexen Regelungen und die sorgfältige Dokumentation sind entscheidend, um steuerliche Risiken zu minimieren und Betriebsprüfungen erfolgreich zu bestehen. Unternehmen sollten daher stets auf dem neuesten Stand der rechtlichen Anforderungen bleiben und gegebenenfalls externe Expertise in Anspruch nehmen.

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